Scherbenfrust

Wer als Radfahrer einen frischen Scherbenhaufen übersieht und nicht mehr ausweichen kann, hat bestenfalls nur ein mulmiges Gefühl und im ungünstigen Fall gleich darauf den befürchteten "Platten". Die so genannten pannensicheren Reifen stellen eine deutliche Verbesserung dar, können aber auch keinen hundertprozentigen Schutz bieten. Manche Radtour und mancher Arbeitsweg finden so erst einmal eine unliebsame Unterbrechung.

Also müssen Scherben so schnell wie möglich beseitigt werden. Aber wie?

Die Kehrmaschinen doppelt so häufig über das gesamte Radwegenetz schicken? Das ist bei der Länge der städtischen Radwegenetze nicht bezahlbar und halbiert trotzdem nur die durchschnittliche Liegezeit der Scherbenhaufen.

Als Bürger kann man Scherbenhaufen und andere Missstände bei seiner Kommune melden - entweder telefonisch oder über ein Online-Beschwerdeformular, oftmals gleich mit Positionsangabe in einer elektronischen Karte. Viele Bürger kennen diese Möglichkeiten gar nicht bzw. nutzen sie selten, da das Ausfüllen des elektronischen Formulars doch gerne verbleibt.
Die punktuelle Scherbenbeseitigung nach solchen Meldungen ist recht aufwändig und meistens mit einigem Zeitverzug verbunden. Üblicherweise rückt dazu ein kleines Kommunalfahrzeug mit 1-2 Beschäftigten aus, allerdings in der Regel nicht an Wochenenden und Feiertagen. Da können die Glasscherben noch einige Zeit weiterwirken...

Schlanke Scherbenlösungen sehen anders aus:

Scherben-App

Was liegt heute näher, als Scherbenhaufen und andere Missstände mithilfe einer App zu melden? Das Smart­phone kennt über GPS den aktuellen Aufenthaltsort, und die App ist vorab mit den persönlichen Daten des Hinweis­gebers personalisiert. Ein Scherbenhaufen wäre als Standard­meldung vordefiniert und in wenigen Sekunden gleich vor Ort abgeschickt.

Ansatzweise gibt es kommunale Apps zur Schadensmel­dung schon in diversen Gemeinden. Leider sind solche lokalen Apps dann nur ein Instrument für Einheimische. Intelligenter wäre eine landesweite App, die auf Basis der aktuellen Position selbst entscheidet, an welche lokale Schadensdatenbank die Meldung verschickt werden muss.

Ein Projekt in Lausanne für den Einsatz in der gesamten Schweiz ist dazu auf dem richtigen Weg:

CyclApp

Und auch auf der Erledigungsseite könnte die Digitalisie­rung Einzug halten: Leihfahrräder in Kopenhagen haben heute schon einen Tablet-PC zur Navigation und Informa­tion am Lenker. Am Lenker eines Kommunalservicerades könnte damit die Beseitigung eines Scherbenhaufens gleich in Echtzeit an die Datenbank zurückgemeldet und dem Beschäftigten der optimale Weg zu den nächsten Einsatz­orten angezeigt werden.

Postverwaltungen garantieren maximale Laufzeiten von Briefen - mit Scherben-App und Kommunalservice-Lasten­fahrrad könnten fahrradfreundliche Kommunen maximale Liegezeiten von Scherbenhaufen auf Radwegen garantieren, oder?

 

Kommunalservice-Lastenfahrrad

Das wendigste Fahrzeug für punktuelle Scherbenbeseiti­gung im Radwegenetz ist das Fahrrad! Das effizienteste Werkzeug dafür ist ein Staubsauger!

Die Kombination daraus ergibt ein Kommunalservice-Lastenfahrrad, das nicht nur einen kleinen Industriesauger an Bord hat, sondern gleich die notwendige Ausrüstung für alle übrigen häufigen Unterhaltungsarbeiten an Radwegen:

  • eine kleine Leiter für Arbeiten an Wegweisern
  • Schaufel, Besen, Laubrechen und ein Müllbehälter
  • Astschere
  • Schraubenschlüssel und anderes Standardwerkzeug

Leider können sich im Moment Hersteller, Ausrüster und Anwender eines Kommunalservicerades noch nicht für ein solches Konzept erwärmen. Aus diesem Grund ist die Scherbenwehr entstanden, um zunächst auf privater Basis Erfahrungen mit diesem Prinzip zu sammeln und öffent­liches Interesse für eine solche Lösung zu erzeugen.

Portrait Scherbenwehr

Scherbenwehr

Die Scherbenwehr besteht aus einem Akku-Nass-/Trocken­sauger der Firma Milwaukee, der die Größe eines Werkzeug­koffers hat. Daran wurde eine Montageplatte befestigt, an der Arretierhaken von Ortlieb-Packtaschen angebracht sind. Damit kann der Scherbenwehr-Sauger im Handumdrehen wie eine Packtasche an ganz normalen Fahrrad-Gepäckträgern ein- und ausgeklinkt werden.
Eine Akkuladung reicht reicht für ca. 11 Minuten Betrieb des Saugers; damit können je nach "Ausbreitung" rund 15 und mehr Scherbenhaufen aufgesogen werden. Bei eng begrenzten Scherbenhaufen kann der Sauger gleich am Fahrrad verbleiben. Bei großflächiger verteilten Scherben­haufen ist es vorteilhafter, den Sauger auszuklinken und in der Hand mitzuführen; bei einem Gewicht von rund 5,2 kg ist das kein Problem.

Solange ein kommunaler 24h-Beseitigungsservice von Scherbenhaufen noch Utopie ist, kann man als Alltagsradler mit der Scherbenwehr bei Bedarf seine Stammstrecken und die nähere Umgebung von Scherbenhaufen befreien. Aus Kostengründen macht es Sinn, eine Scherbenwehr zum Beispiel bei einer örtlichen ADFC-Gruppe zu beheimaten und damit mehreren Nutzern zur Verfügung zu stellen. Besonders zu scherbenträchtigen Zeit wie nach einem Karnevalsumzug, nach Himmelfahrt oder zu Pfingsten ist die Ausbeute erfahrungsgemäß reichhaltig!

Hier geht es zur Bauanleitung und Einsatzhinweisen für die Scherbenwehr.

  Scherbenwehreinsatz
Scherbenwehreinsatz   Scherbenwehreinsatz